Warum Landmais

Landmais fördert die Biodiversität

Im Hybridmais ist nur ein kleines Spektrum der genetischen Vielfalt enthalten, da nur wenige Maissorten als Grundlage für alle Inzuchtlinien dienten. Landmais hingegen umfasst eine viel grössere Vielfalt an Farben, Formen und Maisarten.

Landmais für die Nischenproduktion

Die vielfältigen Farben und Formen sowie die verschiedenen Maisarten haben ein grosses Potential für die Nischenproduktion.

Landmais kann sehr ertragreich sein

Entgegen gängiger Erwartungen sind auch ertragsmässig gute bis sehr gute Resultate möglich. In der Arbeit Landmais-Ertragsvergleich (Meyer, 2014) konnte gezeigt werden, dass gewisse Sorten sogar den Ertrag von modernen Hybridmaissorten deutlich übertreffen können.

Landmais ist sehr gut an das lokale Klima angepasst

Im Frühling entwickeln sich einige Sorten besser als Hybridmaissorten.

Landmais ist nachbaubar

Landmaissorten sind als Populationssorten natürlich vermehrbar und daher jahrelang anbaubar. Bei Hybridmais dagegen sind die Sorteneigenschaften nur 1 Generation lang stabil. Es braucht jedes Jahr neues Saatgut.

Landmais mit höherer Ertragssicherheit

Gegenüber Hybridmais haben Landmaissorten eine höhere Ertragssicherheit, da jede Pflanze genetisch unterschiedlich ist und somit nicht jede Pflanze gleich empfindlich auf eine Krankheit oder auf Stress reagiert.

Populationssorten und ihre Unterscheidung von Hybridsorten

Populationssorten unterscheiden sich von Hybridsorten, weil sie samenfest sind – also im Nachbau ihre Eigenschaften behalten. Hybridsorten dagegen sind das Kreuzungsprodukt zweier homozygoter Eltern, die beide erwünschte Merkmale einbringen. Genetisch betrachtet sind Hybridpflanzen unter-einander identisch, was erklärt, wieso die Pflanzen homogener wachsen und Ertrag liefern als Populationssorten.

Problematik von Hybridsorten

Im Zuge der Aufbauarbeiten nach dem 2. Weltkrieg (Marshall-Plan) brachten die USA 1947 erstmals Hybridmais nach Europa (Carraretto 2005, 171). Dabei waren nicht nur die unbekannten Züchtungs-sorten eine Revolution. Die Amerikaner brachten ihr ganzes Produktions- und Verarbeitungskonzept mit. Wo z.B. in Frankreich vorher noch alles Handarbeit war, revolutionierte das neue Maisanbausystem die gesamten Strukturen der Landwirtschaft. So wurden neu grössere Flächen in weiter auseinanderliegenden Reihen angebaut. Es wurde nun früher gesät und mit chemischen Mitteln mehr gegen Unkräuter unternommen. Viele Arbeitsschritte wurden komplett mechanisiert (Carraretto 2005, 179).

Kritiker von damals behaupteten, dass es besser gewesen wäre, die alten europäischen Landsorten gezielt weiterzuzüchten. Die restlichen anbautechnischen Neuerungen hätten ebenfalls für eine gewaltige Ertragssteigerung ausgereicht (ebd.).

Befürworter halten dem entgegen, dass die Entwicklung von Hybridsorten eine Verdoppelung des Ertrags in 20 Jahren ermöglicht hat (1935 – 1955). Von 1935 bis 1995 stieg der Ertrag sogar um mehr als das Fünffache (Grausgruber 2014, S. 13). Das sei nur möglich gewesen mit der Hybridmaiszüchtung. Stillschweigend wird davon ausgegangen, dass mit Landmaissorten ein tieferer Ertragsanstieg möglich gewesen wäre.

Die Abbildung zeigt die genetische Struktur der vier Sortentypen. Die Populationssorten sind sowohl genetisch als auch phänotypisch heterzygot, respektive heterogen. Bei vielen Genen liegen also zwei unterschiedliche Allele vor und die Morphologie der Pflanzen zeigt sich auch auf dem Feld unterschiedlich. Mit den Hybridsorten konnte eine noch höhere Heterozygotie (genetische Mischerbigkeit) erreicht werden, wogegen das Erscheinungsbild einheitlich (homogen) wurde. Dieser Umstand wird mit der Uniformitätsregel von Mendel erklärt, wonach die erste Tochtergeneration (F1) nach einer Kreuzung homozygoter Eltern ein uniformes (homogenes) Erscheinungsbild hat.

Schema zur genetischen Struktur der vier Sortentypen nach Schnell 1982

Vor- und Nachteile der Hybridmaissorten

Die Problematik dreht sich heute hauptsächlich um die Eigenschaft der Hybridsorten, nur eine Generation lang angebaut werden zu können. „Daher können die von Pflanzen einer Hybridsorte geernteten Samen nicht für den Nachbau dieser Sorte verwendet werden“ (Becker, 2011). Die Sorte ist also nicht samenecht, was von Kritikern als unnatürlich empfunden wird. Sie monieren, dass die Aufgabe eines Samens die Verbreitung der Art ist. Diese funktioniere so nicht mehr herkömmlich.

Zu den Vorteilen von Hybridmaissorten zählt die oben bereits erwähnte höhere Homogenität gegen-über einer Populationssorte. Diese bewirkt eine ausgeglichenere Qualität (Keiser 2012, 52) sowie einen einheitlicheren Wuchs, der eine einfache maschinelle Bearbeitung und Ernte (z.B. dank einheitlicher Abreife) erlaubt (Becker 2011, 297). Hybridsorten haben zudem meist eine verbesserte Standfestigkeit, was selbst Verfechter der Populationssorten anerkennen (Häfeli 2013, persönliche Mitteilung).

Nur bei Sorten mit hoher genetischer Homogenität ist es möglich, dass alle Pflanzen der Sorte gleichermassen den gewünschten Zuchtzielen entsprechen.

Becker 2011, 291

Demgegenüber stehen jedoch auch Nachteile. Zum Beispiel steigt das Risiko grossflächiger Krank-heitsepidemien an (Keiser 2012, 77). So kam es 1970 zur „Southern corn leaf blight Epidemie“, weil 85% der angebauten Maissorten für diese Blattkrankheit ein anfälliges Gen hatten. Die Epidemie verursachte einen Ertragsausfall von bis zu 50% (ebd.). Der sehr einheitliche Wuchs kommt eben daher, dass jede Pflanze genetisch identisch ist und somit gleich gut oder schlecht auf die Umwelt reagiert (Stress, Krankheiten). Zudem stammen Hybridsorten von relativ wenigen Inzuchtlinien ab und bei der Verwendung einer cytoplasmatischen männlichen Sterilität (CMS) zur Herstellung der Hybriden haben die entsprechenden Sorten alle dasselbe Cytoplasma vererbt erhalten.

In einer Populationssorte sind die Resistenzen jedoch heterogener verteilt, womit bei einem Krankheitsausbruch nicht alle Pflanzen gleich stark betroffen sind. Das führt zu einer höheren Ertragssicherheit bei Populationssorten. Laut Becker (2011, S. 324) ist der Zuchtfortschritt bei Populationssorten zudem stetig anwachsend, während es bei der Hybridzucht ungefähr 10 Jahre dauert, bis DER Genotyp gefunden ist, der einen höheren Ertrag liefert als die früheren Sorten.

Einige Autoren sehen in der Hybridzucht den Grund für die in den letzten Jahrzehnten stark sinkende Biodiversität der Kulturpflanzensorten (Berlan, 2006). Weil heute ausschliesslich Hybridmais angebaut wird, gehen die genetischen Ressourcen und das Wissen über die Zuchtmerkmale der alten Landmais-sorten verloren (Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, o.D.). Lokale Sorten konnten sich über viele Jahre an das Klima der jeweiligen Region anpassen. Auch heute könnten Hofsorten wieder neu entstehen, wenn das Saatgut selber aus den besten Kolben gewonnen würde (Biofarm, 2014). Dabei entstünde wieder neue Biodiversität (Biodiversität der Kulturpflanzen).

Steigende Machtkonzentration der grossen Saatgutunternehmen

Weiter weisen kleinere Züchter darauf hin, dass es bei Hybridsorten schwierig sei, mit den aktuellen Sorten anderer Züchter weiterzuzüchten, da das Züchterprivileg nicht für die Elternlinien gilt (Kunz 2014, Interview). Dies bewirke eine steigende Machtkonzentration hin zu grossen Saatgutunternehmen, weil diesen mehr Geld für die Forschung neuer Linien zur Verfügung stehe.

Die immer grösser werdenden Saatgutkonzerne wecken Befürchtungen, dass die Landwirte in Entwicklungsländern in eine immer stärkere Abhängigkeit zu diesen Unternehmen geraten (Rösch, 2010). Walter Schmid, Zuchtleiter der KWS Saat AG, hält dem entgegen, dass ohne eine finanzierte Züchtung die Maisertragssteigerungen der letzten Jahrzehnte nicht möglich gewesen wären (ebd.). Dieser Mehrertrag komme schlussendlich ebenfalls den Landwirten zu Gute.


Quellen

  • Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft, ohne Datum. Historische Maissorten in Bayern. Abgerufen am 10.07.2014, http://www.lfl.bayern.de/ipz/mais/026662/
  • Becker H, 2011. Pflanzenzüchtung (2. überarb. Aufl.). Eugen Ulmer KG, Stuttgart, 368 S.
  • Berlan, 2006, ??
  • Biofarm, 2014. Körnermais – Viel Biodiversität und wenig Energie. Abgerufen am 10.07.2014, http://www.biofarm.ch/koernermais.html
  • Carraretto M, 2005. Histoires de Maïs – d’une divinité amérindienne à ses avatars transgéniques. Comité des travaux historiques et scientifiques (CTHS), Paris, 227 S.
  • Grausgruber H, 2014. Mais – Zuchtmethodik. Universität für Bodenkultur, Wien, abgerufen am 08.11.2014, http://plantbreeding.boku.ac.at/957307/07_Mais.pdf
  • Häfeli, M, 2013. Mais-Erhaltenszüchter in Vincelles (F). Gespräch vom 31.08.2013
  • Keiser A, 2012. Spezielle Pflanzenzüchtung. Vorlesungsunterlagen, unveröffentlicht. Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), Zollikofen, 84 S.
  • Kunz P, 2014. Getreidezüchter. Interview vom 05.06.2014.
  • Rösch D, 2010. Das grosse Hungern. Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, 08.02.2010, abgerufen am 10.07.2014, http://www.spektrum.de/alias/dachzeile/das-grosse-hungern/1020057